Theorie
Theoretische Überlegungen gehen in unterschiedlicher Weise in die Forschungsarbeit und die vom Lehrstuhl geleistete Beratung ein. Zentral ist dabei die Verbindung von normativer Theorie und verhaltensökonomischen Ansätzen. Unter normativer Theorie werden dabei im Wesentlichen theoretische Zugänge verstanden, die vom Rationalmodell ausgehen, d.h. die menschliche Entscheidungen als das Ergebnis eines rationalen, optimierenden Kalküls ausweisen. Diese Art der Modellierung liefert die Orientierungspunkte bei der Konstruktion von Gestaltungsvorschlägen. Nur, wenn bekannt ist, wie eine strikt rationale Lösung aussehen würde, lassen sich real existierende Abweichungen von diesem Benchmark sicher identifizieren. Das gilt sowohl für die wirtschaftspolitische Analyse und Beratung, als auch für die Auseinandersetzung mit Entscheidungsprozessen auf individueller und Gruppenebene. Die theoretischen Grundlagen speisen sich aus verschiedenen Quellen:
Die Allokationstheorie bildet zusammen mit der neoklassischen Wohlfahrtstheorie die Grundlage für den größten Teil der wirtschaftspolitischen Analyse und der daraus abzuleitenden wirtschaftswissenschaftlichen Beratung. Hintergrund für das Bemühen um eine allokationstheoretische Fundierung politischer Analysen und Empfehlungen ist die Überzeugung, dass es Aufgabe der ökonomischen Wissenschaft ist, Beiträge zur Lösung des gesellschaftlichen Effizienzproblems zu leisten. Auf diesem Gebiet liegt der komparative Vorteil der Ökonomen. Diesen können sie aber nur nutzen, wenn sie sich tatsächlich der vorhandenen allokationstheoretischen Grundlagen bedienen. Dabei liefert die Allokationstheorie den theoretischen Bezugsrahmen, der es erlaubt, die Defizite realer Allokationssysteme offen zu legen. Eine verhaltensökonomisch motivierte Analyse dieser Defizite steht dabei nicht im Widerspruch zu dem grundlegenden allokationstheoretischen Zugang.
Die Spieltheorie ist ein ausgesprochen mächtiges Instrument um strategische Interaktionen abzubilden und zu analysieren. Ökonomische Interaktionen haben sehr häufig den Charakter strategischer Interaktionen, die nur verstehbar sind, wenn man sich des analytischen Instrumentariums der Spieltheorie bedient. Zugleich bildet die Spieltheorie die Ausgangsbasis für das Verständnis der experimentellen Forschung. Sie liegt damit gewissermaßen auf der Schnittstelle zwischen der normativen Theorie und der Verhaltensökonomik. So lässt sie Veränderungen der Präferenzannahmen zu, ohne dabei das Postulat der strikten Rationalität aufzugeben.
Die Entscheidungstheorie ist der, die Spieltheorie einschließende, Rahmen der normativen Theorie. Ganz allgemein zeigt die Entscheidungstheorie mit welchen Methoden sich rationale Entscheidungen herbeiführen lassen. Sie liefert damit zugleich ein Instrumentarium, mit dessen Hilfe sich Fehler, die durch eingeschränkt rationales Entscheiden systematisch entstehen können, verhindern lassen.
Die Verhaltensökonomik ist der Versuch, allgemeingültige Sätze über menschliches (Entscheidungs-) Verhalten abzuleiten, ohne dabei axiomatisch vorzugehen und die Rationalität der Entscheider vorauszusetzen. Vielmehr wird in der Verhaltensökonomik der Versuch unternommen, das menschliche Verhalten auf die Grundlage empirischer, häufig experimentell gewonnener Evidenzen zu erklären. Sie ist dabei nicht als ein Alternative zur normativen Theorie zu verstehen, sondern als ein komplementärer Zugang, der nur im Zusammenwirken mit der normativen Theorie seine volle Wirkung entfalten kann.